Aussteller und ihre Kunden signalisieren: Raus aus dem Krisenmodus (Neumünster) Die 69. NordBau stand fünf Tage ganz im Zeichen von Aufbruch und Transformation. Kurz vor dem offiziellen Auftakt der Messe…
Ein schönes Stück Heimat
Die Gestaltung des Firstes ist die Königsdisziplin des Reetdachdeckers. Denn der oberste Teil des Daches ist zugleich sein wichtigster, er sorgt dafür, dass die letzten Deckschichten trocken bleiben.
Der First schützt die Scheitellinie der Reetflächen vor Niederschlag und Sturm und soll zugleich attraktiv aussehen. Wie man das schafft? Dazu haben sich im Laufe der Jahrhunderte regionale Handwerks-
traditionen herausgebildet, die Schönheit und Schutz für das Reetdach verbinden. Die wichtigsten:
Der Sodenfirst
An der schleswig-holsteinischen Westküste, auf den Inseln und Halligen lassen die Fachhandwerker gern „das Dach wachsen”. Sie belegen die Firste mit Soden. Das sind Grasplaggen, die in den Salzwiesen des Deichvorlandes gestochen werden.
Der Heidekrautfirst
Heidekraut auf dem Dachfirst hat seinen Ursprung in der niedersächsischen Heideregion, ist jedoch auch auf dem schleswig-holsteinischen Geestrücken häufig zu sehen. Die Dachdecker befestigen auf beiden Seiten des Firstes einen Maschendraht, füllen Heidekraut hinein, formen den First und vernähen den Maschendraht.
Die Angeliter Reiter
In Angeln (also zwischen Schleswig, Flensburg und Kappeln) gibt es besondere „Hingucker” an den Firsten: die Angeliter Reiter. Das sind eicherne Dachreiter, acht Zentimeter dick und bis 1,50 Meter lang. Sie werden mit einem Holznagel scharnierartig verbunden, dann auf den First gelegt und dort festgenäht.
Reetfirst gilt als Nonplusultra
Ein Reetfirst gilt unter Dachdeckern als Nonplusultra. Vor allem im Osten Schleswig-Holsteins und in Mecklenburg-Vorpommern sind solche Meisterwerke zu finden. Sie fordern selbst den Könner. Für einen Reetfirst müssen die Halme mit dem Stoppelende nach oben gedreht und das Bund auf Höhe geklopft werden. Dann näht der Dachdecker das Reet mit Nirosta-Bindedraht an die Dachlatten. Zum Schluss schneidet er die überstehenden Halme und Ähren mit seinem Reetmesser stufenweise zurück.
Fantasie sind keine Grenzen gesetzt
Jeder möchte ein individuelles Reetdachhaus. Und da lassen sich die erfahrenen Dachdeckermeister gern für jede Familie etwas Besonderes einfallen. Neben den traditionellen Firsten überraschen immer wieder Häuser mit neuartigen Firstlösungen. Es gibt Hauben aus Metall oder Kunststoff. Derzeit im Trend: Kupferblechfirste. Sie setzen Grünspan frei, der gegen Moos und Algen vorbeugt. Immer mal wieder zu sehen sind Dachziegelfirste.
Schöne alte Reetdachhäuser (und moderne Villen im Landhausstil) finden sich nicht nur an den Küsten von Nord- und Ostsee, sondern auch im Binnenland. Reetdächer können eine lange Lebensdauer erreichen, die anderen Bedachungsstoffen in nichts nachsteht. Genauso wichtig wie die handwerklich fachregelgerechte Verarbeitung ist die Reetqualität.
„Man kann mit durchschnittlichem Reet ein gutes Dach erstellen, man kann aber auch mit gutem Reet ein schlechtes Dach machen“, sagt Katrin Jacobs, stellvertretende Obermeisterin der Reetdachdecker-Innung.
Qualitätssicherung REET
Um gute Qualität zu gewährleisten, wurde im Jahr 2007 die „Qualitätssicherung Reet GmbH“ aus dem Landesinnungsverband Schleswig-Holstein und seiner Reetdachdecker-Innung gegründet. Die QSR arbeitet als neutrale Prüfinstitution. Die Prüfung wird anhand des aktuellen „Produktdatenblatts für Reet“ durchgeführt, das Bestandteil der „Fachregeln für Dachdeckungen mit Reet“ ist. Dazu Ehrenobermeister Hans-Hermann Ohm: „Jeder Reetdachdecker und Bauherr sollte dieses Prüfverfahren anfordern.“
Foto: Katrin Jacobs