Aussteller und ihre Kunden signalisieren: Raus aus dem Krisenmodus (Neumünster) Die 69. NordBau stand fünf Tage ganz im Zeichen von Aufbruch und Transformation. Kurz vor dem offiziellen Auftakt der Messe…
Kosten sparen und nachhaltig bauen
Baugewerbe fordert Augenmaß und regt an, weniger komplex bauen
Laut der Frühjahrsumfrage des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe rechnen Bauunternehmen in den kommenden Monaten mit einer schwachen Nachfrage nach Bauleistungen, diese wird vor allem durch die schlechte Auftragslage im Wohnungsbau bedingt.
In Schleswig-Holstein bewerten die baugewerblichen Unternehmen die aktuelle Geschäftslage überwiegend sehr verhalten. Ein Drittel von ihnen bewertet sie erstmals sogar als schlecht (30,04 %) und nahezu die Hälfte (44,34 %) gerade mal als befriedigend, sowohl gemessen an den Auftragsbeständen als auch in der Prognose für die kommenden sechs Monate.
„Wir kommen zwar in Schleswig-Holstein nach den vielen guten Jahren positiv verlaufender Baukonjunktur von einem guten Niveau, aber die statistischen Bewegungen im zweistellig retardierenden Bereich bereiten Sorgen. Ich vermute, dass die negative Tendenz in den kommenden Monaten voll durchschlagen wird, denn jetzt von der Statistik nicht erfasste und nicht beantragte Baugenehmigungen fehlen dann noch gewichtiger“, sagt Georg Schareck, Hauptgeschäftsführer von ‚Die Bauwirtschaft im Norden‘.
Insbesondere der Rückgang im Wohnungsbau und im öffentlichen Hochbau bereitet den Bauunternehmern Sorgen. Die hohen Kosten für Baumaterial haben zu hohen Baupreisen geführt. Das gestiegene Niveau der Immobilien-Finanzierungskosten bei dramatisch abgesenkter Förderung und die verunsichernden, noch höheren Energieeffizienzanforderungen schlagen sich auf die Nachfrage nieder.
Angebot und Nachfrage passen nicht mehr zusammen. Bauwillige sind verunsichert oder können es sich schlichtweg nicht leisten, zu bauen. Investoren können bei diesen Anforderungen kaum ihre Kosten durch Mieten amortisieren, weshalb auch hier Investitionen zurückgestellt oder gar storniert werden. Der Neubau wird so politisch motiviert, trotz anderslautender Ziele (400.000 Neuwohnungen), faktisch stark reduziert. Und bei großen Investitionen ist nichts schädlicher als Verunsicherung aller Beteiligten mit Blick auf Kostenentwicklungen.
„Wenn eigentlich eine große Baunachfrage besteht, aber keine Aufträge erteilt werden, wenn nachhaltig gebaut werden soll, aber überbordende Auflagen das verhindern, dann ist etwas aus dem Ruder gelaufen. Das Frustrierende ist, dass diese Kumulation von nachteiligen Entwicklungen sehenden Auges in Kauf genommen wird. Auch haben es konkrete Lösungen aus der Baupraxis, die durch Studien beispielsweise der ARGE unterfüttert werden, mangels politischen Willens schwer, sich auf dem Massenmarkt durchzusetzen“, so Schareck.
Die Arbeitsgemeinschaft für Zeitgemäßes Bauen aus Kiel hat unter anderem und vielfach nachgewiesen, dass Entwicklungen der Baukosten und des Energieeinsparpotenzials nicht linear verlaufen und ein immer weiterwachsendes energetisches Anforderungsniveau im Bestand und auch im Neubau nicht mehr ökonomisch ist.
Weniger ist mehr
Aus der Baupraxis kommt die Anregung, das enge Korsett der hohen Anforderungen vor allem der technischen Normen und der allgemein anerkannten Regeln der Technik aufzubrechen, wo es baulich sinnvoll und technisch machbar ist. Die Komplexität der Konstruktionen und Gebäudetechnik ist in den letzten Jahren so stark gestiegen, dass die heutigen Gebäude bautechnisch überfrachtet sind. Weniger ist mehr und eine Reduktion auf das Wesentliche nachhaltig möglich. Die Bestandsgebäude, rund 70 Prozent der Wohngebäude in Deutschland, zeigen, dass es früher auch mit weniger ging. Die ebenso kostentreibenden, überbordenden Vorschriften für das Bauen sind erst in den letzten 20 Jahren explodiert. Mit Blick auf die durchschnittliche Lebensdauer von Gebäuden eine geringe Zeitspanne.
So könnten beispielsweise Schallschutzanforderungen reduziert werden. Und derart oder bei dem sonstigen Einsatz von Massenbaustoffen wie Beton können bis zu 30 Prozent Material eingespart werden. Das reduziert die Kosten und minimiert den CO2-Verbrauch bei Herstellung und Verbauen des Werkstoffs. „Planer, Bauunternehmer und Bauherren müssen sich bis dato jedoch einig sein, klare Absprachen treffen und diese einzelvertragsrechtlich im Detail regeln“, sagt Schareck. Sein Verband fordert von der Politik, solche Absprachen rechtlich zu vereinfachen, indem das Werkvertragsrecht und die Landesbauordnung hierzu geöffnet werden. Denn dieses allein den vertraglichen Individualabsprachen zuzuschieben, ist nicht massentauglich.
Zudem müsse für Bestandsmaßnahmen Klarheit geschaffen werden, dass Sanierungs- und Ertüchtigungsmaßnahmen mit Blick auf Bausubstanz und ökonomische Verhältnismäßigkeit erhalten bleiben. Und dies muss so einfach wie möglich geschehen. Nur dann können die vom Gesetzgeber avisierten Umwelt- und Klimaziele Schritt für Schritt erfolgreich bewältigt werden. Nur so kann wieder Planungssicherheit für alle Beteiligten hergestellt und das vorhandene Kapital wieder in Baumaßnahmen investiert werden. HO
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